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30 Jahre Schwules Museum*: Eine Ausstellung zum Jubiläum

15. Dez. 2015
Foto: „Igitt – 90 Jahre Homopresse“ 1986. Andreas Sternweiler, Wolfgang Theis und Manfred Herzer (v. l. n. r.), Gründer des Schwulen Museums* ©Johannes Aevermann

Was quasi als schwules Studentenprojekt begonnen hatte, mauserte sich über die Jahrzehnte zu einer weltweit renommierten Institution zum Thema LGBTI-Geschichte und queerer Kultur. Nun hat das Schwule Museum* Geburtstag und feiert im Rahmen einer Ausstellung mit einem Streifzug durch 30 Jahre Sammelgeschichte

Auch eine Vereinsgründung will standesgemäß gefeiert sein. Deshalb zog man 1985 nach dem formalen Akt beim Notar gleich weiter in ein benachbartes Café und gönnte sich eine Runde Herrentorte. Der erste Schritt war getan und das Ziel klar vor Augen: die Gründung eines Museums für schwule Geschichte, selbstverständlich mit eigenem Haus. „Eine Villa sollte es schon sein“, erinnert sich der Vereinsmitbegründer Andreas Sternweiler amüsiert.

Einen Mangel an Selbstbewusstsein und Visionen konnte man dieser Truppe aus Studenten und anderen Schwulenbewegten nicht vorwerfen. Die Euphorie war allerdings nicht ganz unbegründet, denn schließlich hatte man 1984 mit der Ausstellung „Eldorado“ sowohl fachliche Kompetenz bewiesen als auch gezeigt, wie wichtig es ist, die Geschichte der Homosexuellen zu bewahren und zu präsentieren. Angefangen hatte alles mit der Idee einer schwulen Clique, die im Berlin Museum als Aufsichtspersonal jobbte. Der Museumsleitung hatte sie zunächst eine kleine Ausstellung zu Magnus Hirschfeld vorgeschlagen, am Ende stand schließlich die mit über 40.000 Besuchern enorm erfolgreiche Schau über „Homosexuelle Frauen und Männer in Berlin 1850–1950“.

Der harte Kern des Ausstellungsmacherkollektivs um Andreas Sternweiler, Manfred Baumgardt, Manfred Herzer und Wolfgang Theis war angefixt. Mit dem bereits existierenden Spinnboden-Archiv hatte man zwar über eine Kooperation beraten, doch die dort aktiven Frauen verstanden ihr Projekt vor allem als Treffpunkt und Sammlungsort; die Gründerväter des Schwulen Museums allerdings wollten nicht nur archivieren, sondern auch präsentieren. Über 160 Ausstellungen sind seither entstanden. Den Anfang machte „Igitt – 90 Jahre Homopresse“ in den Räumen der Allgemeinen Homosexuellen Arbeitsgemeinschaft AHA in der Friedrichstraße. Dank der guten Kontakte zum Berlin Museum (heute Teil des Märkischen Museums) hatte man von dort immer wieder ausrangierte Ausstattung übernehmen können. „Wir haben damals alles mitgenommen, was wir meinten brauchen zu können; Vitrinen und eine Beleuchtungsanlage, sogar Gardinenstangen haben wir abgeschraubt“, erzählt Sternweiler.

1988 zog dann das Schwule Museum samt Archiv und Bibliothek in den Hinterhof des Mehringdamms 61 und 2013 schließlich weiter ins neue Haus in der Lützowstraße. Zwar residiert man immer noch nicht in einer Villa, aber mit rund 1600 Quadratmetern Fläche ist das Museum nun auf Augenhöhe mit anderen von Vereinen betriebenen Museen wie dem Bauhaus-Archiv oder dem DDR-Museum.

Seit dem Umzug versteht sich das Schwule Museum* nunmehr als queere Einrichtung und trägt deshalb ein Sternchen im Namen. Das schlägt sich nicht nur in den Ausstellungen nieder, sondern zunehmend auch in der stetig wachsenden und weltweit einmaligen Sammlung.

Der Erfolg hat freilich auch seine Schattenseiten. Nur mit Mitgliedsbeiträgen und Eintrittsgeldern lassen sich die Kosten kaum decken. „In den Anfangsjahren haben wir regelmäßig all unsere Freunde um Geld angegraben, bis die es nicht mehr hören konnten und einfach nicht mehr ans Telefon gingen“, erzählt Andreas Sternweiler und lacht. Solchen Spenden, aber auch dem ehrenamtlichen Engagement vieler Menschen ist es zu verdanken, dass das Schwule Museum* zu dem wurde, was es heute ist: eine weit über die Landesgrenzen hinaus renommierte und für Forscher bedeutsame Sammlung zur LGBT-Kultur und -Geschichte und nicht zuletzt Pflichtprogramm für queere Berlin-Touristen.

Doch auch wenn das Museum mittlerweile vom Senat gefördert wird, fehlt es weiterhin an Mitteln, um die wachsende Sammlung auch adäquat weiter zu erschließen. Einen Eindruck davon, welche Schätze sich mittlerweile im Archiv befinden, gibt nun die aktuelle Ausstellung „Tapetenwechsel – Ein Streifzug durch 30 Jahre Sammelgeschichte“.

Axel Schock

Die Jubiläumsausstellung „Tapetenwechsel – Ein Streifzug durch 30 Jahre Sammelgeschichte“ ist noch bis zum 12. Mai im Schwulen Museum* zu sehen

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