Siegessäule präsentiert

Queer it up! „Porn that way“ im Schwulen Museum*

6. Dez. 2014
Satirisches Manual (1982) zum durchschlagenden Erfolg schwuler Porno-Ästhetik der späten 70er-Jahren © Archiv schwules museum*

Ab heute bis Ende März wird in der Ausstellung die historische und aktuelle Entwicklung von schwuler, lesbischer, queerer und trans*Pornografie gezeigt

Die laut KuratorInnen „wissenschaftliche, kritische und lustvolle Schau“ wird von einem anspruchsvollen Begleitprogramm des LGBTI-Referats der Humboldt-Uni flankiert, in Kooperation mit dem Pornfilmfestival, dem Netzwerk feministporn:PorYes, sExclusivitäten und dem Kino Moviemento. Führungen gibt es aus feministischer, queer-feministischer, trans* und tuntiger Perspektive. Pornografie meint eigentlich schlicht die explizite Darstellung sexueller Akte. Und im traditionellen Subtext des Mainstreampornos häufig bloß die immer gleiche Inszenierung heterosexistischer Einfalt. Berlin queer ist anders: Porno glänzt mit avantgardistisch-hedonistischer Leichtigkeit und feministischem Take-over, atmet Freiheit und meint Aufklärung. Alles cool, so der zeitgenössische Subtext. Für bestimmte Szenekreise längst klar wie weibliches Ejakulat: Porno kann auch progressiv! Woher stammt diese mittlerweile so populäre Lesart und was hat sie mit queeren Identitäten zu tun? Begeben wir uns auf Spurensuche mit den KuratorInnen, die – geschlechterparitätisch besetzt aus unterschiedlichen LGBTI-
Subszenen – nun erstmals die Queerstory der Pornografie ins Museum bringen.

Bewusst beginnt der Rundgang mit schwuler Pornografie, kommt Schwulen historisch doch die sprichwörtliche Vorreiterrolle zu. Hier fungiert die überwiegend positiv besetzte Konstante Porno medial als Spiegel einer Emanzipationsgeschichte, stellt der schwule Publizist Kevin Clarke heraus. Insbesondere seit der Gay-Porn-Explosion in den 70ern wurde Sex zwischen Männern endlich als ein lustvoller und selbstbewusster Bezug zum eigenen Begehren erfahrbar: „Ein riesiger Fortschritt Richtung Befreiung“. Als Polit-Tunte – „das heißt aus bewusst antinormativer Perspektive“ – stimmt Patsy Henze dem zu, weist zugleich aber auf den inneren Widerspruch dieser Art sexueller Befreiung hin, die auch einschränkend auf die Szene zurückwirkte. Was „schöne“ Körper sind und wie „richtiger“ schwuler Sex funktionierte, war nun eben auch standardisiert.

Sichtbarkeit, positive Selbstaneignung und das Aufbrechen von Normierungen und Konditionierungen sind die zentralen Themen der Verbindung Queer&Porn. Dies gilt entsprechend für die Marginalisierte unter den Marginalisierten: die weibliche und trans* Perspektive. Der Zugang zu aufgeklärter, lustvoller und selbstbe-
stimmter Körperlichkeit und Sexualität entstammt der feministischen Frauengesundheitsbewegung der 80er-Jahre und ist mitunter der Weg in die Pornografie. Haarscharf an der Zensur vorbei überschritten Pionierinnen wie die Performance-Künstlerin Annie Sprinkle häufig fließend die Grenzen von Kunst, Aufklärung und Porno. In einer „Ahninnen-Galerie“ kann man nun die Grandes Dames abschreiten – Ehre, wem Ehre gebührt! Die weibliche Sexualität und die Darstellung lesbischen Begehrens ist durch die Zensur häufig erst als pornografisch markiert worden. Und dies bis heute und in weit stärkerem Maße als es bei männlicher Sexualität der Fall ist, betont Laura Méritt, queerfeministische Sex-Aktivistin: „Eigentlich ist fast jede Möse zensiert – weil mann nicht weiß, ob sie erregt ist oder nicht.“ Gegen die patriarchale Urangst vor dem weiblichen Geschlecht hilft wiederum nur: Sichtbarkeit. Und so wird die Unsagbare eigens mit „mösealen“ Ausstellungsstücken bedacht. Weiter zeigt die Ausstellung auch zeitleistenartige Gegenüberstellungen zentraler Themen von Trans*personen, Lesben und Schwulen, gemeinsame und unterschiedliche Erfahrungshorizonte – und einige trans*geniale Geschlechterverwirrungen.

Melanie Götz

„Porn That Way“, 07.12.–31.03.2015, Vernissage, 06.12., 19:00, Schwules Museum*

Begleitprogramm „Screening Desire – porno.lust.kritik“ unter
lgbti-referat.de

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