Interview mit Festivalgründer*in Bart Sammut

15. Xposed Queer Film Festival Berlin

9. Aug. 2021 Annabelle Georgen
Bild: Agnieszka Budek
Bart Sammut, Gründer*in des Xposed Queer Film Festival Berlin

Wegen Corona konnte das „Xposed“ im letzten Jahr nicht stattfinden. Vom 11. bis zum 15. August kehrt das queere Filmfest in seiner 15. Ausgabe mit einem XXL-Programm zurück. Diesmal wird es in verschiedenen Locations stattfinden, darunter das Moviemento und die Freiluftkinos Kreuzberg & Rehberge. Bart Sammut, Gründer*in und Kurator*in des Festivals, gibt einen Einblick in diese besondere Ausgabe

Bart, was ist das Besondere an dieser 15. Ausgabe? Zum ersten Mal in seiner Geschichte findet das Festival über einen Zeitraum von fünf Tagen in verschiedenen Locations, zum Teil in Freiluftkinos, statt. Es wird diesmal sehr viel zu sehen geben: Wir haben zehn Kurzfilmprogramme und 17 Spielfilme.

Warum denkt ihr das Festival so groß in diesem Jahr? Wir wollten sicher sein, dass wir unser tolles Programm auch unterbringen können. Da „Xposed“ 2020 wegen des Lockdowns nicht stattfinden konnte, haben wir nun eine Fülle von Spielfilmen, die wir letztes Jahr nicht zeigen konnten und die wir wichtig finden.

Was sind deine persönlichen Highlights im Programm? „52 Tuesdays“ zum Beispiel ist ein wunderbarer Spielfilm von Sophie Hyde, der von einem jungen Mädchen erzählt, das seinem Vater ein Jahr lang nur dienstags trifft. Dieser hat gerade eine Transition begonnen und braucht seine Ruhe. Die Rolle wurde mit einem transitionierenden Mann besetzt und der Dreh dauerte ein Jahr lang. Ich wollte schon ewig diesen Film (aus dem Jahr 2013, Anm. d. Red.) zeigen, es war aber bisher nie der richtige Zeitpunkt. Denn wir versuchen immer, neue und alte Filme zusammenzustellen, die etwas gemeinsam haben. Dieses Jahr zeigen wir also mehrere Filme, die eine experimentelle Erzählweise haben, wie z. B. auch „Feast“ von Tim Leyendekker. Der Film basiert auf einer wahren Geschichte: Eine Gruppe Männer aus den Niederlanden trifft die Entscheidung, Leute bei einer Party mit HIV zu infizieren.

„Es geht vor allem um die Macht, die man hat, wenn man einer Gruppe und einer Community angehört."

Wegen der Pandemie konnte das Festival letztes Jahr nicht stattfinden. Und dieses Jahr findet „Xposed“ im Sommer statt, nicht im Frühjahr ... Wie habt ihr die letzten Monate erlebt? Der erste Lockdown kam, als wir dabei waren, das Programm des Festivals 2020 fertigzustellen. Wir haben uns gefragt, ob wir wie andere Festivals auch online gehen wollen und was das für uns als Festival bedeuten würde. Schließlich haben wir uns aber dagegen entschieden, da ich dieses Festival einst gegründet hatte, um eine „Community of queer Filmnerds and Fans“ aufzubauen, die sich live und in Person über die Filme austauschen kann. Stattdessen haben wir im letzten Jahr Gastprogramme konzipiert, zum Beispiel im Freiluftkino Kreuzberg im vergangenen August. Es war großartig, da es nach dem ersten Lockdown das erste Mal war, dass es ein großes queeres Kulturevent gab. Man konnte beim Publikum die Freude am Zusammensein spüren. Im Anschluss zeigten wir dann u. a. auch Filme beim „Soura Film Festival“ und beim „Porn Film Festival Berlin“.

Wie habt ihr dieses Jahr gearbeitet? Es war ja sehr lange unklar, wann der Lockdown endlich vorbei sein würde ... Wir haben verschiedene Pläne entwerfen müssen, abhängig davon ob die Kinos und die Freiluftkinos offen haben dürfen oder nicht.

Hat „Xposed“ in diesem Jahr ein Metathema, das das Festival durchzieht? Es gibt viele Filme, die von Aktivismus und queerer Rebellion handeln. Es geht vor allem um Leute, die aufstehen und zusammenhalten. Um die Macht, die man hat, wenn man einer Gruppe und einer Community angehört. Ich glaube, das Thema war unbewusst bereits in unseren Köpfen, als wir das Programm mit meiner Co-Kurator*in Merle Groneweg und unserem dazugehörigen Team, Nastaran Tajeri-Foumani und Pol Merchan, konzipiert haben. Nach so einem Jahr hatten wir eine große Sehnsucht nach Gemeinschaft und Zugehörigkeit zur queeren Community. Uns ist es also wichtig, diese Filme zu zeigen und damit die Wich- tigkeit der Community zu betonen, nach dem kollektiven Trauma, das wir alle erlebt haben.

„Das Festival wird natürlich weitergeführt."

Nach 15 Jahren in der Leitung des Festivals hast du nun angekündigt, dass dies deine letzte Ausgabe als Kurator*in sein wird. Wie geht‘s weiter? Ich will mich auf die Weiterentwicklung des queeren Filmfonds, den wir initiiert haben, fokussieren. Damit möchte ich weltweit queere Filmregisseur*innen unterstützen, da es derzeit einen Mangel in diesem Bereich gibt. Und ich möchte auch mehr Zeit für kreative Projekte haben, zum Beispiel um Drehbücher zu schreiben. Das Festival wird natürlich weitergeführt. Das macht dann meine jetzige Co-Kurator*in Merle Groneweg.

Du hast das Festival gegründet und in deiner Freizeit mitkuratiert. Kannst du die Ursprungsgeschichte von „Xposed“ für diejenigen, die sie noch nicht kennen, noch mal kurz zusammenfassen? Ich kam Anfang der 00er-Jahre nach Berlin, weil ich mal was anderes als Australien sehen wollte. Es war toll. Zeitgleich hatte ich die Sehnsucht nach einem Ort, an dem Filmnerds wie ich zusammenkommen können. Ich kehrte nach Australien zurück, landete schließlich aber wieder in Berlin mit der Idee, hier ein Festival für seltene queere Kurzfilme auf der Beine zu stellen. Ich kam schnell in Kontakt mit dem Team der Teddy Awards und des SchwuZ. Alle waren begeistert und die erste Ausgabe von „Xposed“ fand dann als Filmnacht im damaligen SchwuZ statt. Ein paar Jahre später lernte ich Michael Stütz von der „Berlinale“ kennen. Als er mir sagte, dass er sein eigenes queeres Festival gründen wollte, habe ich ihm geantwortet: „Nein, mach das nicht! Komm einfach zu ,Xposed‘ und wir können beide Leiter*innen sein.“ (lacht) Ich mag keinen Wettbewerb. Da er mehr Erfahrung mit Spielfilmen hatte, zeigte „Xposed“ ab seinem Einstieg auch Langfilme und ist seitdem stetig gewachsen. Aus zwei wurden schließlich fünf Tage Festival in diesem Jahr. Ich glaube aber nicht, dass wir darüber hinausgehen werden. Die Idee war immer, dass das Festival ein Event ist, das uns auch Spaß macht – und dafür muss es eine überschaubare Größe haben.

SIEGESSÄULE präsentiert
XPOSED Queer Film Festival Berlin,

11.–15.08., Moviemento Kino, Wolf Kino, Il Kino, Freiluftkinos Kreuzberg & Rehberge, Atelier Gardens Freiluftkino @BUFA

Programm unter:
xposedfilmfestival.com

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