Das Festival „Aus den Fugen“
Vom 11. bis 24. November bringt das Festival „Aus den Fugen“ im Konzerthaus Berlin zum zweiten Mal visionäre Werke zusammen, die Scharniere zwischen Epochen bilden, Künstler*innen, die auf eine Welt aus dem Lot reagieren und Formate, die den normalen Ablauf im Konzertsaal aus den Angeln heben.
Dazu gehört Geigerin Patricia Kopatchinskaja, die mit ihrem Projekt „Im Namen des Friedens“ die Kraft von Musik angesichts von Kriegen beschwört. Aus der Überzeugung heraus, dass Diversität in der Klassik Vorbilder braucht, gründete die renommierte Kontrabassistin Chi-Chi Nwanoku mit dem Chineke! Orchestra das erste ausschließlich aus Schwarzen und ethnisch diversen Musiker*innen bestehende Orchester, das bei „Aus den Fugen“ seine Berlin-Premiere hat. Der indisch-amerikanische Pianist Kunal Lahiry und Grammy-Preisträger Tenor Frederick Ballentine schaffen mit „Our People" im Konzerthaus einen Raum und ein Liedprogramm für die Berliner Voguing Community. Queere schwarze und Latino New Yorker*innen entwickelten „Voguing“ in 1970 und 80-Jahren als Möglichkeit künstlerischen Ausdrucks und der Selbstfindung. In den sogenannten „Ballrooms“ wurde die Bühne zum emotionalen Laufsteg für die Eroberung von Respekt, Anerkennung und Zugehörigkeit. Das Programm reicht von klassischen Liedern über Spirituals und das „AIDS Quilt Songbook“ bis zu Nina Simone.
An weiteren Abenden erkundet der junge Cellist Sheku Kanneh-Mason (übrigens aktuell Artist in Residence am Konzerthaus Berlin) mit Jazzpianist Harry Baker Musik zwischen Bach, Lianne La Havas und Pat Metheny; Konzertdesigner Iñigo Giner Miranda, Cellist Eckart Runge und Pianist Jacques Ammon verwandeln den Kleinen Saal in einen schillernden Ort, an dem die kreativen, rauschhaften 1920er mit Bloch, Weill, Hindemith, Korngold sowie Filmmusik aus „Babylon Berlin“ aufleben; und Mitglieder des Kyiv Symphony Orchestra spielen Werke politisch Verfemter und Verfolgter.
Das Konzerthausorchester Berlin und Chefdirigentin Joana Mallwitz führen anlässlich von 70 Jahren Gedenkstätte Yad Vashem mit hochkarätigen Solist*innen „Vessels of Light“ auf, die Sinfonie Nr. 6 der vielseitigen Komponistin, Pianistin und bildenden Künstlerin Lera Auerbach. Und wer es experimentell mag: Obertongesang, Orgelimprovisation, ein Doppelorchester, behandelte Instrumentalaufnahmen und Live-Elektronik setzen in Daphne Orams bis 2016 verschollenen Pionierwerk „Still Point" von 1948 Raum- und Zeitgefühl außer Kraft.