Queeres ABC

Was bedeutet nichtbinär?

14. Juli 2023 Muri Darida
Bild: canva

In unserem SIEGESSÄULE-Glossar erklären wir den Begriff nichtbinär

Nichtbinär ist ein Überbegriff, der beschreibt, dass eine Person weder Mann noch Frau ist. Der Ausdruck „binär” ist aus der Mathematik beziehungsweise der Informatik entlehnt. Ein Binärsystem ist ein Zahlensystem, das nur zwei verschiedene Ziffern kennt: Null und Eins. Auf ein Geschlechtermodell angewandt übersetzt es sich so: „Es gibt nur zwei Geschlechter, Mann und Frau.”

Nichtbinarität meint dabei nicht unbedingt, dass die Geschlechter „Mann” und „Frau” nicht existieren. Der Begriff erkennt aber an, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. Manche nichtbinäre Personen lehnen das Zweigeschlechtersystem als Ganzes ab, andere sehen ihre eigene Position als eine Erweiterung.

Nichtbinär hat sich als Wort in den 2010er-Jahren etabliert

Der Begriff „nichtbinär” ist relativ neu und hat sich erst im letzten Jahrzehnt etabliert. Unabhängig davon gibt und gab es in der queeren Geschichte weltweit schon immer Menschen, die nicht in die Kategorie „Frau” oder „Mann” gepasst haben.

Für manche Menschen bedeutet nichtbinär zu sein, dass sie das Geschlecht nicht als reale Komponente ihrer Persönlichkeit wahrnehmen. Für andere ist es eine klare geschlechtliche Identität, so wie auch Männer und Frauen sie kennen, die mit ihrem Geschlecht übereinstimmen. Viele nicht binäre Menschen erleben Dysphorie, also ein Unbehagen, anhand körperlicher Merkmale in das binäre System eingeordnet zu werden. Andere erleben keine Diskrepanz zwischen ihrem Körper und ihrem Selbst. Dabei sind sie genauso nichtbinär.

Einige nichtbinäre Menschen sind trans: Denn sie gehören genauso wie binäre trans Personen einem anderen Geschlecht an als dem bei der Geburt eingetragenen. Wenn nichtbinäre trans Personen medizinische und hormonelle Maßnahmen in Anspruch nehmen, tun sie das nicht, um als Mann oder Frau zu leben, sondern in einem Körper, der ihnen entspricht und der für ihr Leben Sinn ergibt.

Existenz nichtbinärer Personen wird oft nicht anerkannt

Da es aktuell in vielen Gesellschaften nicht akzeptiert ist, aus der Zweigeschlechterordnung zu treten, wird die Existenz nichtbinärer Menschen oft unsichtbar gemacht oder aberkannt. Aus dem Grund gibt es wenig Raum, um als nichtbinär zu „passen”, also sichtbar nichtbinär zu sein und von der Außenwelt als solches wahrgenommen zu werden.

Vielen fällt es auch schwer, die eigene Existenz zu erklären. Ähnlich wie viele Frauen und Männer, denen es ebenso schwer fällt, abseits ihrer Genitalien zu beschreiben, warum sie Frauen oder Männer sind.

Schwierigkeiten mit der Sprache

Einige Sprachen, so auch die deutsche, erschweren das Sprechen über nichtbinäre Personen, da sie für erwachsene Menschen grammatikalisch nur Personalpronomen wie „sie” und „ihr” vorsehen. Im Englischen wird deshalb die Version „they” auch für Einzelpersonen verwendet, um eine geschlechtergerechte Sprache zu ermöglichen und über nichtbinäre Personen zu sprechen. Im Deutschen wünschen sich viele nicht-binäre Personen, ohne Pronomen angesprochen zu werden. Das heißt, statt „sie” oder „er” wird der Name verwendet. Statt „Freund” oder „Freundin” verwenden sie z. B. „Freund*in” mit einer kurzen Sprechpause, die den Stern repräsentiert. Manche Personen verwenden aber auch sogenannte Neopronomen wie „sier” oder einfach entlehnt aus dem Englischen „dey”. Eine offizielle Lösung gibt es noch nicht.

Am einfachsten ist es, bei einer Vorstellung einfach proaktiv die eigenen Pronomen zu sagen und die andere Person nach ihren zu fragen. Und vor allem: Sie sich so zu merken, wie den Namen. Also am besten selbst im Kopf wiederholen: „Das links ist Elif, sie/ihr. Und daneben steht Pat, dey/dem.”

Häufig ist es erstmal ungewohnt, ganz ohne Pronomen zu sprechen. Am Ende ist es eine Frage der Gewohnheit. Während es zunächst irritieren kann, immer wieder den Namen zu sagen, verschwindet dieses Gefühl irgendwann. Wenn Menschen über eine andere Person reden und immer wieder „er” sagen, fällt uns das meistens überhaupt nicht auf.

Begriff korreliert mit anderen Selbstbezeichnungen

Eine Schwierigkeit des Begriffs „nichtbinär” ist, dass er primär beschreibt, was eine Person nicht ist. So erklärt sich auch, warum es so viele verschiedene Daseinsformen und Erscheinungsbilder nichtbinärer Personen gibt. Aus demselben Grund korreliert er meistens mit anderen Selbstbezeichnungen. Es gibt nichtbinäre Menschen, die gleichzeitig queer, trans, schwul, lesbisch, bi, agender, genderqueer oder genderfluid nutzen.

Agender heißt zum Beispiel, dass jemand gar keinem Geschlecht angehört, genderqueer bedeutet, dass das binäre Geschlechtersystem untergraben wird und genderfluid unterstreicht den fluiden, uneindeutigen und wandelhaften Charakter des eigenen Geschlechts. Genau wie bei sexueller Orientierung gilt auch für Nichtbinarität: Es ist ein Spektrum. Und nicht jede Person, die aus der zweigeschlechtlichen Ordnung fällt, benutzt den Begriff.

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