Kaffee ohne siegessäule.de – Starbucks blockiert Webseiten
Neulich bei Starbucks: Kaffee gekauft, in einen abgewetzten und fleckigen, aber gleichwohl bequemen Sessel gesetzt, Laptop raus, das schwule Datingportal Gayroyal aufgerufen, Schock: „Zugang zu einigen Internetseiten bei Starbucks sind eingeschränkt, da der Inhalt dieser Seiten in einem öffentlichen familiären Umfeld ungeeignet ist.“ Gesperrt sind auch Seiten wie siegessäule.de, queer.de oder Gayromeo.com. Bei lesbischen Seiten scheint der Filter etwas gnädiger: L-mag.de funktioniert ebenso wie Lesben.org. Eine Google-Suche nach „Lesben + Sex” wiederum wird vom Filter verweigert.
Starbucks Deutschland teilt auf Nachfrage mit: Seit November 2013 sind in Zusammenarbeit mit „unserem Netzprovider“ (Anm. d. Red.: British Telecom) in den deutschen Coffee-Shops „Filter installiert, der Kinder vor nicht altersgerechten Internetinhalten schützen soll“. Man sei nach einem Hinweis der Deutschen Kinderhilfe aktiv geworden, „herausgefiltert werden Seiten mit nicht jugendfreien beziehungsweise explizit sexuellen Inhalten, unabhängig davon, ob sie einen homo- oder heterosexuellen Hintergrund haben.“ So ganz kann das nicht stimmen: Im Starbucks in der Friedrichstraße lässt sich beispielsweise das Männermagazin LIKE („Frauen, Unterhaltung, Maschinen“) problemlos über das Starbuck-WLAN aufrufen, inklusive Inhalten wie „Mal meine Möpse aus“.
Die Deutsche Kinderhilfe ist eine höchst umstrittene Organisation. Die Tageszeitung Die Welt berichtete schon im April 2008 über die „vielen Ungereimtheiten bei der Deutschen Kinderhilfe“ wie „Unklarheiten bei Finanzstrukturen, bei der satzungsgemäßen Verwendung von Spendengeldern und beim Datenschutz“. 2009 wurde die Kinderhilfe aus dem Deutschen Spendenrat ausgeschlossen. Der prominente Blogger Stefan Niggemeier schreibt über die Organisation: „Die politischen Ziele, die der Verein vertritt, sind immer populistisch und oft extrem.“
Generös zeigt Starbucks sich im „konstruktiven Feedback mit unseren Gästen“ und ist zu Einzelfallprüfungen bereit: „Denn Seiten, die tatsächlich keinen pornografischen Inhalt aufweisen, werden selbstverständlich freigegeben.“ Eine Starbuckssprecherin führt die Beschwerde einer Userin über die Blockierung des Onlinenmagazins Queer.de als Beispiel an. Allerdings habe man diese Seite wegen der Rubik „Erotik“ doch nicht freischalten können, denn wenn eine Seite eine „Erotik-Rubrik o.ä. beinhaltet, so wird die komplette Seite rausgefiltert.“
Starbucks sieht darin keinen Widerspruch zu seiner offiziellen Firmenpolitik. Man setze „alles daran, eine Kultur zu schaffen, die Vielfalt und Inklusion wertschätzt und respektiert. Wir erwarten von unseren Partnern vor Ort bis zu unseren höchsten Führungsteams bei Vielfalt und Inklusion führend zu sein“, heißt es auf der internationalen Starbuckswebseite.
In den USA lässt Starbucks Worten Taten folgen, die Besitzer der Cafékette unterstützen die Homo-Ehe. Einem Anteilseigner, der dieses Engagement als geschäftsschädigend ansah, sagte Starbucks-CEO (Chief Executive Officer, etwa: geschäftsführendes Vorstandsmitglied) Howard Schultz vor ein paar Monaten auf der Aktionärsversammlung: „Sie (können) ihre Starbucksaktien verkaufen und Anteile eines anderen Unternehmens erwerben.“
Der donnernde Aktionärsapplaus für diese Worte ist offenbar nicht über den Atlantik gedrungen. Die Zensur will Starbucks nach eigener Auskunft auf andere europäische Länder ausweiten.
Harald Bach