Queeres Riesenprojekt in Mitte: Das Elberskirchen-Hirschfeld-Haus
Am Wochenende wurde im Berliner Abgeordnetenhaus über die Realisierung des Mammutprojekts diskutiert. Um welche Fragestellungen es dabei ging, haben wir für euch festgehalten
– Am 16. Dezember 2016 fand im Berliner Abgeordnetenhaus das Kolloquium zum Elberskirchen-Hirschfeld-Haus statt. Unter diesem Namen läuft das Riesenprojekt mit Visionscharakter der Initiative Queer Nations e.V. (IQN). Zu den Erfolgen der IQN zählt die Gründung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld im Jahr 2011. Im Rahmen des aktuellen Projekts soll in den nächsten fünf Jahren ein Forum für queere Forschung, Bildung und Kultur im Herzen Berlins entstehen. Ziel ist es, viele kleinere über ganz Berlin verstreute Projekte unter einem Dach in Berlin Mitte zu vereinen – symbolisierend für den Einzug queerer Vielfalt in die Mitte der Gesellschaft.
Im Juli 2017 soll die Machbarkeitsstudie veröffentlicht werden, die darüber entscheiden wird, ob die Vision tatsächlich verwirklicht werden kann. Das Hausprojekt soll ein sehr breites Spektrum an Möglichkeiten umfassen, denn neben eingeplanten Institutionen wie u.a. ABqueer, Lili-Elbe-Archiv, Schwules* Museum und Spinnboden Lesbenarchiv sind Platz für Wohnraum, eine hauseigene Kita sowie ein Kino angedacht. Allen Ideen gemeinsam ist der Leitgedanke des Hauses in Bezug auf queere Kultur: bewahren – zeigen – bilden.
Innerhalb des Kolloquiums wurde eine Podiumsdiskussion der Koalitionsparteien geführt. Da unter allen Beteiligten Einigkeit über die Sinnhaftigkeit und den Wert des Projekts für die Stadt Berlin als queere Metropole Europas bestand, wurde vor allem über Finanzierungsmöglichkeiten diskutiert. Um Benachteiligungen von kleineren Projekten entgegenzuwirken, regten die Politikerinnen und Politiker dazu an, über Bildungs- und Kulturfördermittel hinaus andere Fördermöglichkeiten in Betracht zu ziehen: Wissenschaftsförderung durch die Gründung eines Forschungsinstituts, Mittel aus der Lottostiftung und Fördergelder des Bundes, da es sich um „ein Projekt von nationalem Rang“ (Stefan Evers, CDU) handele. Am Ende der Diskussion gelang es Jan Feddersen, Journalist und 1. Vorsitzender des Queer Nations e.V., allen beteiligten Politikerinnen und Poitikern das Zugeständnis abzugewinnen, sich aktiv für das Hausprojekt einzusetzen.
Im weiteren Verlauf wurde die Namensgebung des Elberskirchen-Hirschfeld-Hauses von Babette Reicherdt, Doktorandin der FU Berlin, erläutert und anschließend auf Bitte des Publikums hin zur Diskussion geöffnet. Mit der bisher angedachten Namensgebung nach Johanna Elberskirchen und Magnus Hirschfeld soll nicht nur an herausragende Persönlichkeiten der LGBTI-Bewegung erinnert werden, sondern gleichzeitig auch an die kollektiven Bewegungen, für die sie stehen. Auf Anregung des Publikums wurden folgende Fragestellungen angeschnitten: Inwieweit fühlen sich durch die Namensgebung alle Gruppen der queeren Community angesprochen? Bringt der Name den zukunftsgerichteten Ansatz des Hausprojekts zum Ausdruck? Und weckt der Name auch das Interesse von Zielgruppen, denen Elberskirchen und Hirschfeld kein Begriff sind, gerade auch in Hinsicht auf die internationale Tragweite des Projekts? Ein regelmäßiges Treffen am jeweils letzten Donnerstag des Monats wurde vereinbart, um diesen und anderen Fragestellungen Raum zu geben. Am 26. Januar um 18:30 findet es zum ersten Mal statt, voraussichtlich im taz-Konferenzsaal. Alle Beteiligten des Kolloquiums sind erneut eingeladen, darüber hinaus soll es weiteren kooperationswilligen Institutionen ermöglicht werden, sich vorzustellen. Thema der ersten Veranstaltung ist der „Name des Elberskirchen-Hirschfeld-Hauses“.
Das Hausprojekt ist mehr als eine gigantische Vision. Die Planung ist soweit fortgeschritten und gelungen, dass aktive Unterstützung vonseiten der Politik zu erwarten ist. Die federführende Institution Queer Nations e.V. präsentiert sich offen für Anregungen, sucht den Dialog mit der Community und ebnet somit den Weg für den „queeren Leuchtturm für Berlin“, wie das Elberskirchen-Hirschfeld-Hausprojekt auch genannt wird.
Lena Volland
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