Berlinale

The Daddy of the Teddy: Wieland Speck im Interview

8. Feb. 2016
Wieland Speck © Ali Ghandtschi

Wieland Speck hat in diesem Jahr doppelten Grund zum Feiern: sein 35-jähriges Berlinale-Dienstjubiläum und die 30. Verleihung des Teddys, dem queeren Filmpreis der Berliner Filmfestspiele. SIEGESSÄULE-Autor Axel Schock hat mit dem Teddy-Chef und Kurator der Berlinale-Sektion Panorama gesprochen  

Der Teddy Award ist eine über die queere Filmwelt hinaus bekannte Trophäe. Die ersten beiden Preisträger - die Regisseure Pedro Almodóvar und Gus van Sant - hingegen konnten nicht einmal wissen, dass es die Auszeichnung überhaupt gibt, denn ins Leben gerufen wurde sie gewissermaßen erst am letzen Tag der Berlinale 1987 ... Die Abstimmung über die besten Filme fand tatsächlich relativ spontan statt. Bei den traditionellen Nachtcafes im Buchladen Prinz Eisenherz trafen sich alle wichtigen schwulen und mehr und mehr auch lesbische Filmschaffende und Festivalmacher und so kam ich auf die Idee, diese Fachkräfte zur Jury zu machen. Am Ende der Berlinale wurde dann abgestimmt. Der Teddy war damals noch ein richtiger Stoffbär und er musste so klein sein, damit ich ihn in einem Brief an die Preisträger verschicken konnte.

Wie haben Gus van Sant und Pedro Almodóvar damals auf die überraschende Ehrung reagiert? Die haben sich beide sehr herzlich bedankt, vor allem Almodóvar war ganz aus dem Häuschen. Der Teddy war sein erster Preis überhaupt und er hatte in Berlin eine großartige Zeit erlebt. Im Grunde schaffte er hier seinen internationalen Durchbruch.

Wie enttäuschend ist es für dich als Kurator, wenn queere Filmhighlights, die eine breite öffentliche Aufmerksamkeit erfahren, nicht in Berlin, sondern andernorts Premiere feiern, wie zuletzt beispielsweise Todd Haynes Highsmith-Verfilmung „Carol“ oder Roland Emmerichs „Stonewall“? Todd Haynes war gut damit beraten, dass er mit „Carol“ zum Filmfest nach Cannes gegangen ist, wo man ihn seit vielen Jahren ins Herz geschlossen hat. Und wir können uns freuen, dass er dort groß rauskommt. „Stonewall“ wiederum ist ein kommerzieller Film, der nicht auf ein Festival muss, um dort erst entdeckt zu werden. Um Produktionen wie „Carol“ oder „Stonewall“ mache ich mir am wenigsten Sorgen, im Gegenteil. Es ist wichtig, dass queere Filme an möglichst vielen Orten ihren Platz finden. Deshalb kümmere ich mich auch darum, dass sie auch in anderen Berlinale-Sektionen und nicht nur im Panorama gezeigt werden. Das hat ab und an auch damit zu tun, dass manche Regisseure sagen: „In der schwulen Reihe möchte ich nicht landen“. Die nehmen das Panorama bereits als queere Sektion war und wollen nicht in diese Schublade gesteckt werden.

Mit dem Teddy Award war stets die Hoffnung verbunden, dass die Auszeichnung sich zu einem solch werbewirksamen Prädikat entwickeln würde, dass es den Verleihern leichter machten sollte, ein Publikum für ihren Film zu finden. So ganz scheint sich dieser Wunsch nicht verwirklicht zu haben. Die Teddy-Hauptgewinner im letzten Jahr haben beispielsweise bis heute in Deutschland nicht einmal einen Verleih gefunden. In diesem Punkt hast du vollkommen recht. Das gilt allerdings auch für die Berlinale-Bären. Welche Wirkung solche Preise haben, ist letztlich nicht berechenbar. Ohne den Goldenen Bären hätte Jafar Panahis „Taxi“ im letzten Jahr ganz sicherlich nicht diese Aufmerksamkeit erhalten. Dass nicht alle Filme, denen man es wünscht, regulär ins Kino kommen, war letztlich ja auch der Grund, weshalb Manfred Salzgeber seinerzeit seinen eigenen Verleih gründete. Wenn wir eines ganz sicherlich geschafft haben, dann, dass man den Teddy Award überall auf der Welt kennt. Ich habe das Teddy-Logo schon auf DVDs in den verschiedensten Ländern entdeckt.

Wie siehst du die Zukunft des Teddy Award? Ich hoffe, dass es immer Leute mit einem queeren Auge geben wird, die den Teddy Award aufrecht erhalten. Wie der Preis in Berlin oder national wahrgenommen wird, das ist eine Sache. Die andere ist eine sehr viel größere und tiefergehendere: dass die ganze Welt weiß, dass hier eine große queere Veranstaltung stattfindet, bei der queere Filme prämiert werden. Filme, die wir hier feiern, dürfen in vielen Ländern nicht einmal gedreht werden. Wenn wir für Auswahlsichtungen in diese Länder reisen, fragen wir immer auch explizit nach Produktionen, die vielleicht für den Teddy Award ins Rennen gehen könnten. Auf diese Weise machen wir deutlich, dass solche Filme ebenso wichtig sind und einfach dazugehören. Diese Botschaft immer und immer wieder zu vermitteln, ist vielleicht die wichtigste Aufgabe des Teddys.

Interview: Axel Schock

SIEGESSÄULE präsentiert:
Einführung in die queeren Filme der 66. Berlinale durch Wieland Speck, MonGay, 08.02., 22:00, Kino International

66. Internationale Filmfestspiele Berlin, 11.-21.02., Programm unter berlinale.de

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