„Keine Lust auf Kompromisse“
Eike von Stuckenbrok ist zurück. Der preisgekrönte Artist war schon mit Anfang 20 ein Star am Varietéhimmel. In Berlin sah man ihn im letzten Jahr nicht. Jetzt führt er Regie bei „Dummy lab“, der neuen Show im Chamäleon. Der Seitenwechsel kam nicht freiwillig, wie er im Interview erläutert
Eike, du warst schon 2011 bei „Dummy“ dabei. Bist du jetzt für die Fortführung „Dummy lab“ wieder mit auf der Bühne?
Im Moment nicht, und ich kann nicht sagen, wann es wieder möglich sein wird. Die Prognose ist vage: zwischen einem und sechs Jahren. Ich verlass mich aber nicht darauf, nehme jetzt eben eine andere Position ein.
Regie zu führen ist ja nicht neu ...
Ich hab bei „Dummy“ Ko-Regie gemacht, mit Markus Pabst zusammen. Es war schwierig, selbst auf der Bühne zu stehen und gleichzeitig auch die Ansagen zu machen. Jetzt freu ich mich, mal nur von außen draufzuschauen. Mein Vorteil ist, dass ich die Show selber gespielt habe und auch Lust habe, anderen was weiterzugeben. Ich hab echt Bock, ich bin ja über ein Jahr raus gewesen.
Und da hast du gar nichts gemacht?
Acht Monate konnte ich nichts, nicht mal ‘nen Film gucken. Ich wurde am 2. Januar 2014 in Kambodscha angefahren. Ich bin zuerst aufgestanden, dachte, ich hab mir die Schulter ausgekugelt. Der Schmerz kam nach dem ersten Schock. Und dann, natürlich ein kompletter Zusammenbruch: Knie gebrochen, Nervenriss an der Schulter. Also alle Jobs absagen – ich hätte so ein geiles Jahr vor mir gehabt …
Eike von Stuckenbrok © Carolin Saage
Also das Jahr war …
… komplett im Arsch. 2014 war für mich persönlich der Weltuntergang, so, wie es angesagt war im Maya-Kalender, ist es für mich auch eingetreten. Die ersten acht Monate waren nur mit starken Schmerzmitteln erträglich. Ich konnte oft einfach nur daliegen und mich auf den Schmerz konzentrieren.
Vollgepumpt mit Chemie … Die sagen halt, man soll dem Schmerz nicht so viel Raum geben, weil es die Persönlichkeit verändert, aber ich muss sagen, dass die Tabletten meine Persönlichkeit sehr viel mehr verändert haben. Ich hab dann die Bremse gezogen und die Medikamente abgesetzt. Es bedeutet natürlich auch Geduld auf einem ganz neuen Level. Für mich war das eine gute Lektion, weil ich schlecht auf was warten kann. Ich hab so die Chance gehabt, mein Leben und das Leben allgemein mal von außen zu betrachten. Jedenfalls habe ich jetzt keine Lust mehr auf Kompromisse, was die Arbeit anbetrifft.
Was ihr macht, wird als „zeitgenössischer Zirkus“ bezeichnet. Hat sich das schon etabliert?
Deutschland hat eine große Dichte an Varietés, aber im Vergleich zu Kanada, Frankreich, Belgien … die sind etliche Schritte weiter als hier. Da ist das auf staatlicher Ebene anerkannt, in Deutschland gilt es ja nicht als Kunstform. Das ist noch ein zäher und harter Kampf.
Hast du eine besondere Beziehung zum Chamäleon?
Es war das erste Theater, in dem ich aufgetreten bin. Markus Pabst hat mich 2008 für „Soap“ direkt aus der Schule engagiert. Am Chamäleon schätze ich, dass es ein kleines Haus ist, die Verbindung zum Publikum optimal. Du siehst die Gesichter der Leute von der Bühne aus.
Was ist neu an „Dummy lab“?
Komplett neue Besetzung, sechs Mitwirkende plus zwei Musiker. Das Grundkonzept bleibt, aber es wird sich bei den Proben ergeben, wie viel sich verändert. Ich freu mich jedenfalls sehr drauf.
Interview Frank Hermann
SIEGESSÄULE präsentiert: „Dummy lab“, 26.02.–18.03. (Previews), 19.03 (Premiere), ab 20.03., Di–So, Chamäleon
Premierenbericht und Freikarten ab 20.03. hier auf SIEGESSÄULE.DE